Beim Laufen oder beim Spazierengehen höre ich seit einiger Zeit gern Podcasts. War es früher Musik, die mich via Kopfhörer unterhalten hat, so sind es mittlerweile die erwähnten Webradiosendungen, welche neben meinem Körper bei jenen Tätigkeiten auch den Geist auf Trab halten. Hauptsächlich gelten hierbei meine Vorlieben - wie könnte es anders sein - Geschichte- und Fitness-Podcasts.
Während eines ausgedehnten Laufs lauschte ich unlängst einer Folge aus der zweiten Kategorie. Das Thema war intuitives Essen, als Gast war Dr. Mareike Awe eingeladen, die sich mit diesem Thema in den letzten Jahren intensiv auseinandergesetzt hat und versucht, es auf verschiedenen Kanälen (Bücher, Vorträge, Online-Seminare etc.) unters Volk zu bringen.
Zwar hatte ich den Begriff schon vorher gehört, wurde durch den Podcast aber wirklich neugierig und angeregt, ein bisschen tiefer in die Materie einzutauchen.
Also machte ich mich auf die Suche nach näheren Informationen und wurde tatsächlich fündig. Unterm Strich realisierte ich, dass intuitives Essen nichts anderes war als das, was ich ohnehin meist betrieb. Was ich damit meine? An dieser Stelle ist es wohl Zeit für eine kleine Zusammenfassung:
Die Grundidee lieferten bereits vor einem Vierteljahrhundert die beiden amerikanischen Autorinnen Evelyn Tribole und Elyse Resch.
Sie plädierten in ihrem Buch "Intuitive Eating, A Revolutionary Anti-Diet Approach" für eine Rückkehr zu den Wurzeln menschlichen Essverhaltens: essen, wenn man hungrig ist, und aufhören zu essen, wenn man satt ist. Klingt simpel und ist es eigentlich auch. Aber wieso füge ich ein "eigentlich" in diesen letzten Satz ein?
Weil die Crux an der Sache die ist, dass man das als Säugling, ja sogar als Kleinkind wohl noch so macht. Oftmals verlernt man aber in späteren Jahren die Fähigkeit, dieser Intuition zu vertrauen. Irgendwann entwickelt man aufgrund von Familientraditionen oder kulturellen Eigenheiten ein unnatürliches Essverhalten, das in Übergewicht oder anderen ernährungsbedingten Problemen bis hin zu schweren Krankheiten münden kann.
Wie aber funktioniert intuitives Essen nun wirklich?
Zuallererst muss man realisieren, dass Hunger nichts Negatives ist. Er ist ein überlebenswichtiger Schutzmechanismus des Körpers, den man bewusst wahrnehmen und auf den man hören sollte: Wenn man tatsächlich hungrig ist, sollte man essen - ganz egal, wann die letzte Mahlzeit gewesen ist. Unabdingbar dabei ist aber, dass man seine (individuell oft verschiedenen) Hungersignale richtig als solche deuten kann. Magenknurren ist zwar das bekannteste, aber auch Müdigkeit oder mangelnde Konzentrationsfähigkeit können Anzeichen von Hunger sein.
Weiters ist es unvermeidlich (wieder) zu lernen, was dem Körper gut tut und was nicht. Im Hinblick auf die zugeführte Nahrung muss man auf die Signale des Körpers hören, eine Fähigkeit, die der Großteil der Menschen in der westlichen Welt bereits verlernt hat. Viele Leute sehen Völlegefühl, Blähungen oder Trägheit als Normalzustand an und haben bereits vergessen, wie es ist, sich in einem richtig ernährten Körper zu fühlen.
Weiters signalisiert einem das Nervensystem auch, dass man satt ist, doch viele Menschen können diese Signale gar nicht mehr rechtzeitig wahrnehmen. Sich bewusst während der Mahlzeit immer wieder zu fragen, ob man nicht schon genug hat, ist in diesem Zusammenhang eine gute Taktik. Und die Angewohnheit, "schön brav" den Teller leerzuessen, sollte man aus diesem Grund auch möglichst schnell und radikal ablegen. Sogar beim Besuch bei Mami.
Auf alle Fälle muss intuitives Essen genussvoll sein, bewusst, ohne schlechtes Gewissen. Schon gar nicht sollte man sich zwingen, etwas zu essen, nur weil es "gesund" ist.
Trauer, Nervosität, Wut, Langeweile, all diese und noch viel mehr Gefühle verknüpfen gar nicht wenige Menschen mit Essen - oftmals unkontrolliertem Essen. Es soll ablenken, Belohnung oder vielleicht sogar Selbstbestrafung sein. Sich dessen bewusst zu werden und nicht zuzulassen, dass Emotionen und Nahrungsaufnahme eine Allianz eingehen, ist ein weiteres wichtiges Kriterium im Zusammenhang mit intuitivem Essen.
Kurz und gut:
In unserer angeblich zivilisierten Welt ist man angehalten, zu bestimmten Zeiten bestimmte Portionsgrößen bestimmter Gerichte zu sich zu nehmen. Das beste Beispiel dafür ist das Frühstück, die hierzulande wohl ritualisierteste Mahlzeit. Intuitives Essen bedeutet hingegen, sich von all diesen Regeln zu befreien, Traditionen und persönliche Gewohnheiten auszublenden und auf die Bedürfnisse des Körpers hören. Das hilft einem dabei, nicht zu viel und nicht zu wenig zu essen, denn beides ist letzten Endes kontraproduktiv. Heißhungerattacken und der gefürchtete Jojo-Effekt sind beim intuitiven Essen somit kein Thema.
Eine Schwierigkeit allerdings gibt es - nämlich den "Draht" zu seinem Körper wiederzufinden und neu zu lernen, in sich hineinzuhören.
Eine lohnende Aufgabe, wie ich meine.
Lauschen wir.