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Sugarbaby

Zucker. Wir lieben ihn, das ist unbestreitbar. Und wir kommen ihm beim Einkauf auch fast nicht aus. Im folgenden Text jenes süße Gold generell zu verteufeln, macht also keinen Sinn. Das ist auch mitnichten meine Absicht, weit gefehlt. Ich selbst bin bekennender Schokoholiker. Hin und wieder gönne ich mir etwas von dem braunen, süßen Zeug voller Fett und Zucker. Ja, das gebe ich hier und heute unumwunden zu. Asche auf mein Haupt, aber es schmeckt halt auch wirklich gut. Ach ja, der wichtige Teil in dem Satz zwei Zeilen höher war “hin und wieder”. Ansonsten kommt mir so gut wie kein Zucker in mein biologisches Betriebssystem - und das mit gutem Grund. Im Folgenden möchte ich nämlich darauf aufmerksam machen, was regelmäßiger Zuckerkonsum in unserem Körper anrichtet.

Wenn ich an der Kasse im Supermarkt beobachte, was in den anderen Wagen so aufgetürmt ist, so kann ich nur immer wieder (zumindest im Geiste) den Kopf schütteln. Quasi alles, was da in eingekauft wird, enthält Zucker. Würden die Einkaufswagenschieberinnen und –schieber sich die Mühe machen, ihre mehr oder minder ausführliche Schulbildung in die Waage zu werfen, dann würden sie durch Lektüre der Inhaltsstoffe auf den Packungen erkennen, dass sie eine nicht unerhebliche Menge heftig verarbeiteten Zuckers aus dem Geschäft karren. Zum Beispiel sind Fructose, Glucose, Maltodextrin oder Saccharose nichts anderes als – richtig, Zucker.

Warum in so vielen – vor allem aufwändig aufbereiteten – Lebensmitteln Zucker enthalten ist? Nicht, weil er für den besseren Geschmack unabdingbar wäre. Weder in Wurstwaren noch in Hundefutter kann das der wirkliche Grund sein. Es ist einfach so, dass die Lebensmittelindustrie den Effekt ausnützt, dass Zucker uns abhängig macht. Er wirkt schlicht und einfach wie eine Droge: Hat man einmal damit angefangen, ihn zu konsumieren, verlangt der Körper nach mehr. Immer mehr. Wir werden dadurch zu willenlosen Zuckerjunkies, deren oberste Priorität es ist, an den nächsten Schuss zu kommen. Contact your local dealer. Und davon gibt es mehr als genug: vor allem Supermärkte.

 

Zucker ist ein billiger, beinahe unbegrenzt haltbarer Zusatzstoff, der unser Gehirn in Euphorie versetzt und uns – wie bereits erwähnt - nach der nächsten Dosis lechzend wieder ins Geschäft zurückkommen lässt, um dort weiterhin unser sauer Erspartes zu hinterlegen. Gut für die Industrie, schlecht für unsere Gesundheit. Warum? Nun, das sei hier kurz erklärt: 

Zucker lässt, kaum ist er in unseren Körper gelangt, den Blutzuckerspiegel schnell und heftig ansteigen, was zur Folge hat, dass die Glückshormone in unserem Gehirn regelrecht Polka tanzen – wir fühlen uns großartig. Daraufhin schüttet allerdings die Bauchspeicheldrüse den Stoff Insulin aus. Dies ist ebenfalls ein Hormon, das für die Speicherung des Zuckers in den Zellen zuständig ist. Insulin beginnt nun also mit seiner naturgegebenen Arbeit und packt den Zucker aus dem Blut in die Körperzellen, wo er ja auch üblicherweise zur Energiebereitstellung gebraucht wird. Das funktioniert in der Regel effizient und schnell. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel sinkt ebenso rasant, wie er zuvor gestiegen ist – und wir laufen unterzuckert zur nächsten Zuckerausgabestelle, sprich an die Naschlade, zurück zum örtlichen Nahversorger oder wir vergreifen uns heimlich an der Geburtstagstorte der kleinen Schwester. 

Wäre Zucker allerdings ein wertvoller, effizienter Treibstoff für die Zellen, wäre die Sache ja halb so schlimm. Ein Problem mit zuckerhältigen Produkten allerdings ist, dass es sich bei ihnen quasi immer um leere Kalorien handelt. Immerhin braucht unser Körper ja mehr als nur reinen Brennstoff, mehr als nur einen Energieträger. Als solcher funktioniert Zucker ja sogar, wenn auch nur halbherzig. Etwa so wie Stroh im Lagerfeuer: Das brennt schnell, hell, aber vor allem kurz. Nein, unser Luxuskörper braucht auch das, was mit den Kalorien üblicherweise zugeführt wird: Vitamine, Eiweiße, Mineralstoffe, hochwertige Fette, Spurenelemente. Und davon ist in den Produkten, denen Zucker so gerne zugesetzt wird, kaum etwas zu finden. Das heißt, wir führen unserem System reichlich Brennstoff, aber sonst nichts zu. So ähnlich, wie wenn man sich nur um die Treibstoffzufuhr seines Fahrzeugs, nicht aber um den Ölstand, um gefüllte Bremsleitungen, um die Scheibenwaschanlage oder die Kühlflüssigkeit kümmert. Das wird langfristig auch nicht funktionieren. Und in dem Hinblick funktioniert unser Körper nicht viel anders als unsere geliebten fahrbaren Untersätze. Ein mit Zucker gefülltes Verdauungssystem hat keinen Platz mehr für wertvolle Nahrung, die die oben genannten Bausteine enthält - und ohne diese werden wir einfach krank. Punkt.

Das ist vor allem deshalb der Fall, weil für die Verarbeitung von Zucker diverse Vitalstoffe, etwa die Vitamine B und C, und Spurenelemente wie Magnesium benötigt werden. Da diese aber mit der minderwertigen zuckerhältigen Nahrung kaum zugeführt werden, sind die Vorräte des Körpers irgendwann aufgebraucht. Blöd nur, dass diese Vitalstoffe aber nicht nur zur Verstoffwechslung dringend nötig sind, sondern auch zum Bau von Abwehrzellen gegen diverse Krankheiten. Und ganz egal, ob es sich um einen simplen Schnupfen oder etwas viel Gefährlicheres handelt, zuckerhältige Ernährung nimmt unserem Körper die Möglichkeit, sich zu wehren. Die Folge: Zuckerjunkies sind häufiger und schwerer krank als Menschen mit bewusstem Essverhalten.

Ein weiterer Grund, warum Zucker für unsere Gesundheit zum schwerwiegenden Problem werden kann, ist folgender: Das, was in unseren Nahrungsmitteln salopp als Zucker bezeichnet wird, ist üblicherweise ein so genannter Zweifachzucker: ein Teil Glucose, ein Teil Fructose. Ganz besonders gilt das für zuckerhältige Getränke wie Cola, Eistee oder Energydrinks. Die Glucose kann der Körper verhältnismäßig einfach in den Zellen unterbringen, bei der Fructose tut er sich da schon schwerer. Hier ist jetzt unsere Leber gefragt: Sie verarbeitet die Fructose zu Fett, den so genannten Triglyceriden, die von den Körperzellen besser verwertet werden können. Blöd nur, dass diese ja bereits (durch die zuvor angelieferte Glucose) gut mit Treibstoff versorgt sind und das Fett dankend ablehnen. Und wohin nun damit? Ganz einfach. Dorthin, wo Fett vorzugsweise gespeichert wird: Bauch, Bein, Po. Darum also sind der Konsum von Limonaden und die Zurschaustellung eines kapitalen Wabbelarschs im sommerlichen Schwimmbad so häufig in Kombination zu beobachten. Zusätzlich dazu verfettet aber auch die Leber, unser Stoffwechsel wird noch träger und wir werden noch schneller dicker und kränker. Hervorragende Aussichten, oder?

Zusätzlich dazu füttert man mit zuckerhältigen Produkten auch noch diverse Mitbewohner, die es sich in unserem Körper gemütlich machen wollen: krankmachende Keime wie Bakterien und Pilze ernähren sich vorzugsweise von Süßem und stehen sogar teilweise im Verdacht, unser Verhalten beeinflussen zu können - zum Beispiel dahingehend, dass wir mehr Zucker in uns hineinschaufeln. Somit werden wir nicht nur von der Nahrungsmittelindustrie zu Zombies gemacht, sondern wahrscheinlich auch von diversen gruseligen Mitbewohnern in unserem Verdauungstrakt. Mahlzeit.