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Herbstliches Hüsteln

Momentan ist sie wieder da, die berühmt-berüchtigte Zeit der sogenannten “Verkühlungen”. Exakter wäre allerdings die Bezeichnung “grippale Infekte”, denn letzten Endes haben jene Geißeln der zumeist zivilisierten Welt weniger mit der kühleren Jahreszeit als mit dem Umstand zu tun, dass sich in den geheizten, schlechter gelüfteten Räumen Viren fröhlich und ungestört von einem Wirt zum nächsten schwingen können. Husten, rinnende Nasen, tränende Augen, schmerzende Hälse, all das plagt uns zentralheizungsverwöhnte Mitteleuropäer nun im Spätherbst - und wahrscheinlich bis ins Frühjahr hinein, wenn wir nichts dagegen unternehmen. 

Unser Körper selbst arbeitet fleißig an dieser Abwehr – und zwar vorwiegend mit dem Hochfahren der Temperatur, was für viele Virenstämme (die nämlich nicht sehr hitzeresistent sind) das Aus bedeutet. Doch auch Fieber ist nicht der Weisheit letzter Schluss und hin und wieder gießt die Natur damit auch das Kind mit dem Bade aus: nämlich dann, wenn die Temperatur so weit gesteigert werden muss, dass sich der Körper damit selbst in Gefahr bringt. 

Hat man die letzten beiden Absätze wachen Geistes gelesen, so kann man sich verhältnismäßig einfach einen Reim darauf machen, was man vorbeugend gegen den klassischen Herbstschnupfen oder die lediglich mittelprächtig beliebte Advent-Halsentzündung tun kann. Erstens: abgestandene Luft und Menschenansammlungen (vor allem solche in Gebäuden) meiden. Zugegeben, das kann unter Umständen im Alltag schwierig werden. Zweitens: den Körper so konditionieren, dass er sich ohne Gewaltaktionen (wie Fieber eine ist) gegen eindringende Viren wehren kann. Doch wie? 

Ein Weg führt hierbei unbestritten über die Ernährung. Gerade in der Schnupfenzeit ist eine vitaminreiche Ernährung wichtig – bekannt und beliebt ist in diesem Zusammenhang sicher die Ascorbinsäure, bekannter unter ihrem Künstlernamen Vitamin C. Im Gegensatz zu so manchen Tieren sind wir Menschen allerdings nicht fähig, diesen Stoff selbst herzustellen. Ja, unser Körper kann ihn nicht einmal speichern – und somit müssen wir ihn regelmäßig zuführen, wenn wir seine Vorzüge (etwa die Stärkung der Immunabwehr) nützen wollen. Noch mehr davon als Otto Normalverbraucher müssen übrigens schwangere und stillende Frauen, Kranke und Schwerarbeiter zu sich nehmen, nämlich etwa das Eineinhalbfache der durchschnittlich empfohlenen Dosis von 100 Milligramm pro Tag. Raucher benötigen sogar bis zur doppelten Menge an Vitamin C, um nicht unter Mangelerscheinungen zu leiden. Die mit Vitamin C so gerne in Verbindung gebrachten Zitrusfrüchte rangieren in der Hitparade der Ascorbinsäurequellen allerdings gar nicht an vorderster Stelle. Sie werden von eher unpopuläreren Nahrungsmitteln wie Sanddorn, Johannisbeere, Petersilie, Kiwi, Paprika, Kohl oder Erdbeeren in dieser Hinsicht mühelos und oft um ein Vielfaches geschlagen. 

Letztlich hat die Wissenschaft aber auch ein Phänomen bereits bestens dokumentiert, das im Zusammenhang mit den klassischen Herbstwehwehchen ebenfalls gut zu beobachten ist: nämlich den Umstand, dass disziplinierte Fitnesssportler seltener krank werden als ihre nicht trainierenden Zeitgenossinnen und –genossen.  

 

Doch wie wirkt Sport auf das Immunsystem? Bei körperlicher Belastung wird das ebenfalls populäre Hormon Adrenalin ausgeschüttet. Dieses ist entgegen der landläufigen Meinung allerdings nicht nur dazu da, uns auf Kampf oder Flucht vorzubereiten, sondern es bewegt auch unsere körpereigenen Abwehrzellen dazu, sich rapide zu vermehren und deutlich aktiver zu werden. Die verschiedenen Arten von Lymphozyten (zum Beispiel die sogenannten “Natürlichen Killerzellen”, die dezidiert für die Abwehr von Tumorzellen verantwortlich sind) sind somit vermehrt im Blut von Sportlern vorhanden. Nachteil an der Sache: Nach dem Training sinkt der Adrenalinspiegel wieder – und damit auch die Anzahl der kleinen Abwehrkämpfer in unserer Blutbahn. Das bedeutet also, dass häufigeres Training konstanteren Schutz vor Infektionskrankheiten bietet. 

Und nicht nur das. So fantastisch das klingen mag, aber es ist eine Tatsache: Regelmäßiger Sport senkt durch Aktivierung der Natürlichen Killerzellen auch das Risiko, an Krebs zu erkranken, deutlich. Und das ist wohl die erfreulichste Nachricht in diesem Zusammenhang. 

 

Wen interessieren da eigentlich noch Halsschmerzen?