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Auferstehung

Ich habs nicht so mit der römisch-katholischen Kirche. Wer mich näher kennt, weiß das. Obwohl ich verhältnismäßig kirchenfreundlich sozialisiert worden bin und als langjähriger Leiter einer Pfadfindergruppe auch an diversen kirchlichen Festen mehr oder minder aktiv mitgewirkt habe.  Ja, ich habe sogar in Religion maturiert; Thema: die Offenbarung des Johannes, man merkt, ich bin damals schon auf Düsteres abgefahren. Sogar als drittes Studienfach habe ich Religion gewählt - allerdings nicht abgeschlossen, da ich mich mit dem Lehrer, bei dem ich die Unterrichtspraxis absolvieren hätte sollen, wegen Grundsatzfragen der Didaktik in die Wolle gekriegt habe. Mit der Zeit jedoch habe ich mehr und mehr die Verlogenheit wahrgenommen, die das Wesen der Institution Kirche ausmacht, bis ich sie nach einem Schlüsselerlebnis bei der Erstkommunionsfeier meines Drittgeborenen endgültig verlassen habe.

Was meine Probleme mit der römisch-katholischen Kirche sind? Folgender (perfekt zur Osterzeit passender) Sketch bringt es ganz gut auf den Punkt:

Doch genug Kirchenbashing, Religion ist in unserem schönen Heimatland glücklicherweise Privatsache und ich will auch niemandem seinen Glauben madig machen. Wer glauben will, der glaube. Ich tue das ja auch, nur eben an anderes. Zum Beispiel an den Umstand, dass man für seinen Charakter, seine Bildung, sein Selbstbewusstsein und seine Gesundheit ganz allein selbst verantwortlich ist, dass man nicht darauf warten sollte, von irgendeinem übernatürlichen Wesen erlöst zu werden, sondern das schlicht und ergreifend selbst zu erledigen hat.

Aus exakt diesem Grunde neige ich - regelmäßige Leserinnen und Leser meines W4WorkOut-Blogs wissen das - zu ein wenig ausgefallenen Aktionen, die etwas mehr Überwindung, Selbstdisziplin oder Training verlangen als der übliche Alltag von Otto Normalösterreicher.

Auch am Ostersonntag beschloss ich, nicht auszuschlafen, sondern früh aufzubrechen und eine kleine Wanderrunde von etwa 30 Kilometern Länge unter die Schuhsohlen zu nehmen. Zweck der Übung: Erstens sollten die neuen Wanderschuhe auf einer nicht allzu fordernden Strecke eingegangen werden und zweitens wollte ich ganz bewusst wieder einmal einen Sonnenaufgang außerhalb bebauten Gebiets genießen. Das letzte Mal war ja schon wieder länger her.

Mit dieser Aktion stand ich in einer Tradition, die es wohl in allen Kulturen weltweit gab und gibt. Egal, ob es sich um sogenannte Naturreligionen oder die jüngeren Schriftreligionen handelt, ob wir in den europäischen, den asiatischen, den afrikanischen, den amerikanischen oder sonst einen Kulturraum blicken: Die aufgehende Sonne fasziniert(e) seit jeher die Menschheit. So auch mich.

Natürlich sind mir die astronomischen und meteorologischen Vorgänge durchaus bewusst, die dazu führen, dass jenes beeindruckende Schauspiel entsteht. Als Geschöpf dieses Planeten kann ich aber nicht umhin, mich trotzdem immer wieder daran zu erfreuen. So auch an jenem Morgen.

Nicht nur, dass die Natur um mich herum der Sonne ihr Dasein verdankte, auch in übertragenem Sinne sprach mich dieser Sonnenaufgang wieder einmal an. Ganz besonders deshalb, da ja - wie bereits erwähnt - Ostersonntag war, der Tag der Auferstehung.

Jener jüdische Wanderprediger namens Jeschua, der vor 2000 Jahren durch ein paar Gegenden im Nahen Osten gezogen war, stand allerdings nicht im Mittelpunkt meiner Überlegungen. Ich selbst stand mir näher und dadurch mittiger.

Was konnte mir die aufgehende Ostersonne sagen?

Während ich in dem mir angenehmen, verhältnismäßig flotten Tempo einen Schritt vor den anderen setzte, dachte ich darüber nach, was die Sonne für mich ganz persönlich repräsentierte. In der Semiotik steht sie bekanntlich für alles Mögliche: etwa das Leben, die Hoffnung oder die Ewigkeit.

Das alles war mir durchaus nachvollziehbar - und doch hatte für mich die Sonne an jenem Ostermorgen eine ganz eigene Bedeutung, eine sehr persönliche. Sie stand für meine Kraft. Für das Wiedererstarken des Christian Vajk. Klingt pathetisch? Ist es auch. Aber es ist ehrlich.

Ich meine damit nichts anderes, als dass jener Sonnenaufgang für mich das Symbol für meine ganz persönliche Auferstehung war. Natürlich hat mich niemand gekreuzigt, ich bin nicht gestorben und wurde auch nicht begraben (zumindest nicht in physiologischem Sinn), aber sich aus einer Orientierungslosigkeit zu kämpfen, aus einem starren Warten auf die nächste Hiobsbotschaft und daraus resultierender gähnender Langeweile, das kann einem schon manchmal wie der Aufenthalt in einem muffigen Grab vorkommen. Den Stein beiseite zu rollen, ins Licht der aufgehenden Sonne zu blinzeln und sich bewusst zu werden, dass man wieder aktiv, wieder kreativ, wieder lebendig, wieder in seiner Kraft ist, das kann sich durchaus wie eine Auferstehung anfühlen.

Nein, es kann nicht nur, es tut es.

Schöne Ostern.